Obwohl Thiel sich angeblich durch einen eigenwilligen Charakter auszeichnete, war er kein Einzelgänger. Er hatte schon in der Jugend viele Freunde. Als begeisterter Sportler nahm er mit seinem Team an Peenemünder Sportfesten teil, so wie er es in Schule und Studium auch schon getan hatte. So freundete er sich auch anscheinend gerne mit Kollegen an. Sein Kollege Dr. Glimm im Institut Schumann wurde der Patenonkel seiner Tochter Sigrid. Dr. Heller, der 1940 gemeinsam mit vielen anderen Wissenschaftlern und Ingenieuren eingestellt wurde, war einer der wichtigsten Mitarbeiter Thiels. Heller arbeitete vor allem intensiv an der Treibstoffoptimierung. Anscheinend gab es zu Heller auch engere private Kontakte.

Mitarbeiter Thiels im Entwicklungswerk, die später als die ersten 118 Paperclip-Ingenieure von Braun nach Fort Bliss (USA) folgten, waren u.a.: Her­mann M. Bedürftig, Konrad Dan­nen­berg, Werner Dobrick, Hans Fichtner, Wer­ner Gengel­bach, Hans J. Lindenmayr, Dr. William A. Mrazek, Kurt E. Patt, Gerhard H. Reisig, Wal­ther J. Riedel (Riedel III), Ludwig Roth, Helmut Zoike. Freund­schaftliche Beziehungen bestanden zu der Familie von Bern­hard Gerhardt, der später nach Rußland zum Rake­tenprogramm kam. Eine der Sekretärin­nen von Thiel, Ingeborg Kamke, wurde später die Ehefrau von Konrad Dannen­berg. 


Hier im Einzelnen einige der Kollegen und ihre Verbindung zu Thiel:

Wernher von Braun (*23. März 1912 in Wirsitz; † 16. Juni 1977 in Alexandria, Virginia, USA) lernte Thiel bereits 1934 oder 1935 im Institut Schumanns an der Universität Berlin kennen. Von Braun schrieb seine Promotion am Schumannschen Institut. Er arbeitete währenddessen für Walter Dornberger auf der Versuchsstelle Kummersdorf-West an der Raketenforschung.  Thiel führte in Kummersdorf-Ost vom Institut Schumann aus Experimente durch, auch dort gab es einen Anknüpfungspunkt.

Konrad Dannenberg (* 5. August 1912 in Weißenfels; † 16. Februar 2005 in Huntsville, Alabama, USA) kam 1940 ins Triebwerk-Team von Thiel. Dannenberg studierte an der Technischen Hochschule in Hannover Maschinenbau. Nach Kriegseinsätzen in Tschechien und Frankreich wurde er zur HVA beordert. 1945 ging er mit Wernher von Braun in die USA und wurde später stellvertretender Entwicklungsleiter der Saturn V Mondrakete.


(Quelle des Fotos: Aufnahme um 1940,
Privatbesitz Jackie Dannenberg, Huntsville, Alabama, USA)

Walter Dornberger (* 6. September 1895 in Gießen; † 27. Juni 1980 in Obersasbach), Leiter der Versuchsstelle Kummerdorf-West lernte Thiel und seine Arbeitsweise im Schumannschen Instiut bzw. auf deren Versuchsgelände Kummerdorf-Ost kennen. Er bat ihn von der Grundlagenforschung der Universität Berlin in die Raketenforschung nach Kummersdorf-West zu wechseln. Thiel begann dort im Herbst 1936.

Bernhardt Gerhardt (* Dezember 1893; † Juli 1963) war ebenfalls Raketenspezialist. Die Familie Gerhardt waren Nachbarn der Thiels in der Kalshagener Siedlung und wohnten Hindenburgstraße 58. Die beiden Töchter spielten zusammen, die Mütter waren befreundet. Familie Gerhardt überlebte den Luftangriff vom 17./18. August 1943. Gerhardt wurde nach dem Krieg vom russischen Militär nach Chimki gebracht, wo er bis 1950 in der Raketenforschung tätig blieb.


(Quelle des Fotos: Privatbesitz Hans Gerhardt, Kanada)

Nachbarn gegenüber der Thiel-Familie in der Karlshagener Siedlung war Familie Riedel. Sie wohnten Hindenburgstraße 48. Klaus Riedel (* 2. August 1907 in Wilhelmshaven; † 4. August 1944 auf Usedom), einer der ersten Raketenpioniere und Mitbegründer des ersten Raketenflugplatzes in Deutschland, war ein langjähriger Begleiter Wernher von Brauns.

Ein Kollege aus bereits aus Kummersdorfer Tagen war Willi Schwarz (* November 1910; † September 1962). Schwarz studierte an der H.T.L. Breslau Maschinenbau und beendete das Ingenieurstudium 1934. Nach mehreren Tätigkeiten in verschiedenen Firmen erhielt er 1938 eine Anstellung in dem Oberkommando des Heeres als Versuchs- und Prüffeldingenieur für die Flüssigkeitstriebwerksprüfstände in Kummersdorf, Peenemünde und Lehesten. Von 1946 bis 1950 befanden er sich mit seiner Familie in Chimki bei Moskau und war dort als Spezialist für die UDSSR tätig.


(Quelle des Fotos: Aufnahme um 1938,
Privatbesitz Ch. Schwarz, Dresden)

Heinz-Otto Glimm war ein enger Kollege im For­schungs­institut des Heereswaffenamtes von Mini­sterialrat Prof. Karl Erich Schumann an der Univer­sität Ber­lin und der Pate der Tochter Sigrid. Thiel und sein KollegeHeinz-OttoGlimm ini­tiier­ten die Arbeitsrichtung „Erforschung der Brenn­vor­gänge in Flüssigkeitsraketen“. 1935 er­stellten sie die ersten Betonprüfstände auf dem Kum­mers­dorfer Gelände (Kummersdorf-Ost). Außerdem entwickelten sie Meß­methoden, um eine systemati­sche Analyse von Raketentests zu ermöglichen. (Quelle: Haeuseler, E.: Zur Geschichte der Raketenfor­schung. In: Weltraumfahrt. Zeit­schrift für Astro­nautik und Raketenentwicklung. Heft 4; S. 105f)


(Quelle des Fotos: Screenshot aus MAZ, 2. April 2014,
Privatbesitz Hans Schumacher, Berlin)